Digitale Dialogplattform zur
sozial-ökologischen Transformation
Die Rolle der Kirche als Akteur des Wandles
Ambivalenzen und Reformbedarf
Der Beitrag der katholischen Kirche zum gelingenden Wandel
Die Glaubwürdigkeit der Kirche, gegenüber den eigenen Gläubigen ebenso wie als gesamtgesellschaftlicher Akteur, hängt wesentlich von der Fähigkeit zu kohärentem Handeln ab. In Bezug auf die sozial-ökologische Transformation bedeutet das: Forderungen nach wirklichem Wandel, Bewahrung der Schöpfung und globaler Gerechtigkeit können nur dann glaubhaft und wirksam vertreten werden, wenn sie vom ständigen Bemühen begleitet sind, diese Werte auch selbst vorzuleben. Das Wissen um die genannten Stellschrauben gelingenden Wandels sollte daher innerhalb des gesamten kirchlichen Einfluss- und Verantwortungsbereichs verstärkt zur Anwendung kommen. Wenn dies gelingt, kann die katholische Kirche als Weltkirche nicht nur ihr materielles und strukturelles Vermögen, sondern auch ihr spezifisches Potential als Glaubensgemeinschaft in den gesamtgesellschaftlichen Wandlungsprozess einbringen: ihr Eintreten für die Verwundbaren und Marginalisierten, Traditionen des rechten Maßes und universaler Gerechtigkeit, ein holistisches Verständnis von Lebensqualität sowie eine Spiritualität, die durch Durststrecken trägt, Gemeinsamkeiten sucht und Hoffnung vermittelt.
Um dieses Potential noch stringenter umzusetzen, empfiehlt die Studie eine bessere organisatorische Verankerung für eine kohärente Nachhaltigkeitsstrategie in allen deutschen Diözesen. Beim Gebäudemanagement ist ein konsequenter Wechsel zu erneuerbaren Energien geboten. Die schrittweise Umstellung möglichst aller Heizungen, die Verwendung ökologischer Baumaterialien und der flächendeckende Wechsel auf Ökostrom für alle kirchlichen Liegenschaften sollten selbstverständlich sein. Ferner sollte das bewährte Prinzip gestärkt werden, kirchliche Immobilien zum Teil auch unter den ortsüblichen Marktpreisen zu vermieten, um bestimmte Wohnformen (z. B. Mehrgenerationenhäuser) und eine breite Mischung verschiedenster Sozial- und Einkommensmilieus zu fördern. Ebenfalls großes Potenzial liegt in der konsequenten Ausrichtung des kirchlichen Beschaffungswesens an sozial-ökologischen Kriterien. Dies umfasst kirchliche Fuhrparks und Richtlinien für erstattungsfähige Dienstreisen ebenso wie kirchliche Küchen, in denen mehr Vollwertkost, „bio-regio“ sowie „Fair Trade“ die Regel sein sollten. Im Bereich des Flächenmanagements besteht ebenso wie in der Vermögensverwaltung Klärungsbedarf, in wie weit die bereits vielerorts eingeführten Nachhaltigkeitskriterien weiter vereinheitlicht und verbessert werden können, was angesichts der Vielzahl verschiedener kirchlicher Rechtsträger eine große Herausforderung darstellt. Eine solche Diskussion hätte gesamtgesellschaftlichen Signalcharakter, wenn es gelänge, die damit verbundenen Verteilungskonflikte frühzeitig mit allen Betroffenen zu erörtern und auf der Grundlage geteilter Wert-vorstellungen eine gemeinsame Regelung zu finden.
Im globalen Kontext gewinnt besonders die Debatte um eine verantwortbare Bevölkerungspolitik und Familienplanung weiter an Dringlichkeit, da alle sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen SDGs bei stark wachsenden Bevölkerungszahlen in vielen ärmeren Ländern kaum gleichzeitig zu erreichen sein dürften.
Oft waren und sind es gerade basisdemokratische Gruppierungen und Verbände, die innerkirchlich wie gesamtgesellschaftlich Pionierarbeit für Zukunftsthemen wie aktiven Umweltschutz, Fair Trade oder nachhaltige Geldanlagen geleistet haben und die diese Anliegen in der Breite weiter vorantreiben. Angesichts der strukturellen Krise der institutionalisierten Kirche stellen diese Gruppierungen eine Ressource dar, deren Bedeutung in den kommenden Jahren noch stark zunehmen dürfte.